Der Fußball lebt nicht nur davon, dass ein Verein gegen den anderen spielt. Eine ganz wichtige Rolle spielt auch der „Mann in Schwarz“, der die Regeln überwacht.

Wir möchten allen einen Einblick in das Leben unserer Schiedsrichter geben und hier regelmäßig in der Rubrik „Der dritte Blickwinkel“ über die Erfahrungen aus den begleiteten Spielen berichten.

SC Altenrheine II – Borussia Emsdetten II, Kreisliga A am 07.04.2024

Erneut in dieser Saison ging es für mich nach Altenrheine. Sonne, 22 Grad Außentemperatur und ein abkühlender sowie kräftiger Wind setzten die Rahmenvoraussetzungen dieser Begegnung. Es sollte für mich als Spielleiter das verrückteste Spiel der letzten Jahre werden. Mehrfach wurde der Spielverlauf auf den Kopf gestellt. Borussia Emsdetten II hatte in der Anfangsphase mehr vom Spiel. Mit mehr Ballbesitz und gewonnen Zweikämpfen drangen sie wiederholt in die gegnerische Hälfte vor. Binnen weniger Sekunden trafen die Emsdettener wiederholt Latte und ließen 100-prozentige Torchancen liegen. Auf der Gegenseite führte dann eine einzige Standartsituation für die zweite Mannschaft des SC Altenrheine zu einem Kopfballtreffer. Beide Mannschaften schenkten sich nichts. 5 gelbe Karten auf der einen, 4 Gelbe Karten auf der anderen Seite.

Selbst auf beiden Bänken wurde vom Trainerteam eine gelbe Karte abgeholt. Nicht ganz sportlich, wenn man für den Gegner eine Karte fordert, oder laut schreiend auftritt. Sowohl auf dem Platz, als auch abseits davon. In solchen Momenten scheinen sich die Betroffenen ihrer sportlichen Vorbildfunktion nicht bewusst zu sein. Schließlich schauen auch andere Menschen zu. Wo kommen wir in der Gesellschaft hin, wenn wir da keine Grenzen aufzeigen? Bei dem einen oder anderen gingen die Emotionen durch. Es könnte so einfach sein, wenn sich jeder nur auf seine eigenen Aufgaben konzentriert. Stattdessen versuchte der eine oder andere meine Entscheidungen in Frage zu stellen und aufzuzeigen, dass man mit dem einen oder anderen Pfiff nicht einverstanden war.  Ebenso konnten einige Spieler nicht nachvollziehen, als ich am Boden liegende Spieler nicht „abpfiff“.

Dabei kann jeder Fußballer den Ball ins Aus spielen. Wenn der Schiedsrichter jedes Mal das Spiel unterbrechen soll, wenn ein Fußballer zu Boden geht, dann haben wir bald nicht nur einen fehlenden Spielfluss. Nein. Dann kann sich dass der eine oder andere als taktisches Mittel zu Nutze machen, um Zeit von der Uhr zu nehmen oder die Angriffe des Gegners zu unterbinden. Erkenne ich Körperbewegungen des zu Boden gegangenen Spielers, so geht es erstmal weiter. Anders sieht es natürlich aus, wenn sich ein Sportler gar nicht mehr bewegen sollte. Das war an diesem Tag zum Glück nicht der Fall. Während in einem Fall ein im Luftkampf zusammengestoßener und anschließend verletzter Spieler unmittelbar ausgewechselt wurde, war in einem anderen Fall nach einem großen Aufschrei die Wiedereinwechslung des „Verletzten“ schon nach wenigen Sekunden der Behandlung möglich. Natürlich geht die Gesundheit vor.

Der Schiedsrichter ist aber weder Arzt, noch allein dafür verantwortlich. Turbulent ging es auch in der zweiten Halbzeit weiter. Ein Foulspiel im Strafraum ermöglichte durch den Elfer für Emsdetten den Ausgleich. Ein Handspiel im selben Strafraum sogar den Führungstreffer zum 1:2. Altenrheine wirkte hiernach aufgewacht und tat mehr fürs Spiel. Verdient war dann der Ausgleich zum 2:2. Und nur wenige Minuten später trifft der Keeper von Borussia bei einem Abschlag den Ball nicht richtig. Dieser landet beim gegnerischen Stürmer. In einem Bogen schießt er über den Keeper zur 3:2 Führung des SC Altenrheine. Die vielen Unterbrechungen führten zu insgesamt 9 Minuten Nachspielzeit. Tatsächlich gelang es dann Emsdetten in dieser Zeitspanne noch zum 3:3 auszugleichen. Die Zuschauer sahen ein turbulentes und sicherlich unterhaltsames Spiel. Es war aber kein Spiel für eine gute Notenvergabe bezüglich beider Abwehrreihen. So, wie vorne auf beiden Seiten Tore erzielt wurden, hätte das Spiel auch 5:5 ausgehen können.

Insgesamt 6 Tore waren dann aber auch genug. Selbstreflektion. Daran muss sich jeder messen. Der Schiedsrichter, aber auch die Spieler und die restlichen Mannschaftsverantwortlichen. Es ist schließlich immer einfach mit dem Finger auf andere zu zeigen, statt die eigenen Defizite aufzuarbeiten. Seltsamer Weise kritisiert am Spielende keiner die vergebenen Torchancen. Gesprochen wird hauptsächlich über die eine oder andere getroffene Entscheidung des Schiedsrichters. Für mich ist das kein neues Phänomen. Und es macht auch nichts ungeschehen.

Wir schauen nach vorne. Der nächste Spieltag kommt sobald.