Sehr warm war es heute am Haselweg in Rheine. Und es sollte sogar hitzig werden an dem Hauptplatz von Grünweiß-Amisia. Zumindest für mich als Schiri.

Vor dem Spiel machte ich zwei Bildaufnahmen. Beim Bilderrätsel in unserer WhatsApp-Schiri-Gruppe erkannte dieses Mal Carsten Tenkmann richtiger Weise an dem abgebildeten Tor, dass dieses nur zur Sportanlage von GWA-Rheine gehören kann. Beim zweiten Bild erkennt man ein Ordner-Leibchen. Es lag lieblos in der Schiri-Kabine und fiel mir vor dem Anstoß zum Spiel auf. Theoretisch soll ja der Heimverein einen Ordner stellen, um der möglichen Unruhe und den unsportlichen Provokationen sowie Beleidigungen seitens der Zuschauer präventiv entgegen zu wirken und notfalls einzuschreiten. Mit dem Verdacht, es würde nicht zum Einsatz kommen, photographierte ich dieses im Vorfeld. Ich sollte zeitgleich Recht und Unrecht behalten. Freiwillig besetzt nämlich niemand bei GWA selbständig diesen Posten. Später, während der zweiten Halbzeit, musste ich allerdings auf den Einsatz dieses Ordners bestehen.

Beim letzten Spiel sind mir die Spielnotizkarten ausgegangen und die Bestellung bei eBay nimmt leider mehr Liefer-Zeit in Anspruch. Als ich provisorisch eine Notizkarte fertigte, bot mir freundlicherweise ein junger Schiedsrichter-Kollege, der gerade seine Spielleitung beendete, eine seiner Notizkarten an. Ein freundliches Dankeschön an den Sportkameraden der Sportfreunde Gellendorf.

Obgleich ich schon mehrfach auf dem Hauptplatz gepfiffen habe, sollte mir ein Umstand erst heute auffallen.

Das Spiel begann offen. GWA-Rheine stand sehr hoch und war um Pressing in der gegnerischen Hälfte bemüht. Die Gäste aus Emsdetten kombinierten. Wenn etwas nach vorne ging, dann über deren linke Seite. Ein von außen in den Strafraum gespielter Ball konnte durch einen Emsdettener Stürmer zur 0:1 -Führung umgesetzt werden. Gelbe Karten gab es für Beinvergehen, Trikot-Ziehen, wiederholtes Foulspiel, ein absichtliches Handspiel im gegnerischen Strafraum, aber auch für unsportliches Verhalten.
Normalerweise sollten die Spieler wissen, dass sie Körperschmuck vor dem Spiel abzulegen haben. Dennoch musste ich in der ersten Hälfte einen Spieler von GWA-Rheine zur Außenlinie schicken, damit er sein Armband ablegt. In der zweiten Hälfte musste ich verdutzt feststellen, wie er wieder mit dem selben Armband am Spiel teilnahm. Man könnte schon Absicht oder Gleichgültigkeit gegenüber dem Schiri unterstellen. Wer schon einmal ein Armband bei einem Zweikampf ins Auge bekommen hat, wird es sicherlich anders sehen. Die Gesundheit geht vor. Also musste der Spieler erneut den Platz verlassen. Als Gedächtnisstütze begleitete diesen Spieler nun eine gelbe Karte.

Ab der Emsdettener Führung war anzumerken, dass 05 um Ballsicherheit und Kontrolle bemüht war. Ein Spieler musste von mir ermahnt werden, die ruhenden Bälle schneller ins Spiel zu bringen. Die Hausherren erhöhten den Druck, erkämpften sich die Bälle und schnürten Emsdetten in der eigenen Hälfte fest. Null-fünf beschränkte sich lediglich aufs Kontern. Und dann kam es, wie es kommen musste. Ein Schuss aufs Emsdettener Tor wurde durch den Keeper gefangen. Ich schaute in die Tiefe, konnte aber nicht erkennen, ob der Ball hinter der Torlinie war. Der Keeper zögerte nicht und lief mit dem Ball in den Händen nach vorne zum Abschlag. Ein Aufschrei seitens der GWA-Spieler sowie einiger Fans mit der Forderung, dass der Ball doch hinter der Linie war. Ich konnte dieses aber nicht erkennen. Warum nicht? Gut, ich hatte keine seitliche Perspektive. Aber warum war es dennoch schwer? Erst dann erkannte ich den „Hügel“ unmittelbar im 5-Meterraum. Diesen gibt es bei GWA am Hauptplatz auf beiden Seiten. Die Erhöhung verdeckt die Torlinie. In der Vergangenheit ist mir das nie aufgefallen. Heute sollte es das Zünglein an der Waage werden. Spieler und Fans waren sauer. Enttäuscht sein, ist das eine. Unsportlich und beleidigend zu werden überschreitet die Grenze der sportlichen Fairness. Und da sind wir wieder. Hätte hätte Fahrradkette. Wo war der Ordner, wenn man ihn braucht ? Nachdem ich mehrere Beleidigungen seitens der Zuschauer wahrnahm, die ich nicht einzugrenzen vermochte, unterbrach ich das Spiel.

Erst nach wiederholter Aufforderung wurde der Ordnerposten mit der Fragestellung „reicht die Armbinde, oder soll ich das Leibchen anziehen?“ übernommen. Die Dinge sind da, um benutzt zu werden. Das Leibchen dient der Erkennung, für den Schiri, wie auch für die Zuschauer. Ab dem Moment war endlich Ruhe an der Außenlinie. Das Spiel konnte fortgeführt werden. Die Bemühungen von GWA zahlten sich aus. Noch in der regulären Spielzeit erzielten sie den verdienten Ausgleichstreffer. Die 10 Minuten Nachspielzeit änderte am Ergebnis aber nichts mehr.

Mir gegenüber blieb der Vorwurf stehen, dass ich ja den Keeper hätte fragen können. Wenn ich aber damit anfange, als Spielleiter bei spielentscheidenden Szenen Fragen zu stellen, untergrabe ich selber meine Glaubwürdigkeit und Autorität. So ist es nun mal. Wir haben keinen Chip im Ball, keine Linientechnik und keinen Assistenten. Und manchmal ist es der Platzbeschaffenheit geschuldet, dass selbst die Torlinie nicht von überall zu sehen ist. Willkommen in der Kreisliga.

Im Sinne der Fairness kann man sich als Schiedsrichter nur wünschen, dass der Posten des Ordners beim Heimverein regelmäßig und auf freiwilliger Basis besetzt wird. Denn im Gegensatz zu den Augen Vieler, die Vieles von der Seite besser erkennen können, steht der Schiri alleine auf dem Platz. Und damit er auch am nächsten Spieltag alleine zu Besuch aufschlägt, darf Respekt und Anerkennung keine Einbahnstraße sein.